…oder zumindest fantasievoller und effizienter – dort, wo der Mainstream einkehrt. Vorab eines: Lassen wir den Aspekt der Preise und Kosten aussen vor und betrachten alleine das Angebot und die Gastfreundschaft in Bergbeizen in Skigebieten. Da hat die Schweiz längst den Ball abgegeben. Seit der Liberalisierung des Schweizer Gastgewerbes hat sich zwar in der CH-Gastrolandschaft einiges getan, aber leider nur im urbanen Umfeld (lassen wir ein paar bemerkenswerte Ausnahmen in ländlichem Gebiet mal weg). In den Bergen hält man indes immer noch an alten Gepflogenheiten fest wie zB. Wurst-Käsesalat, Salatteller mit dicker, fetter Maggi-Salatsauce, Pommes Frites und sonstigem Fritierten, sowie Bratwurst mit (Päckli-) Zwiebelsauce und allenfalls verkochter Pasta mit liebloser Tomatensauce. Nichts gegen diese Gerichte, nur sollte etwas mehr Engagement dahinter stecken. Z.B. eine eigene Salatsauce kreieren. Salat ist rasch frisch gerüstet und kann fantasievoll ergänzt werden, eine echte Zwiebelsauce ist ein Gedicht. Sogar Pommes Frites kann man selber machen. Oh ja, ich weiss wovon ich spreche, und ja, das braucht etwas mehr Aufwand, aber mit etwas Routine lässt sich dies ohne Mühe in den Tagesablauf integrieren. Genau solche Dinge sind es, die einen Gast überraschen, die hängen bleiben und über die berichtet wird. Mit Päckli-Convenience-Küche verschmäht man die Gäste immer mehr. Gut so.
Was machen Österreicher anders? Ich wagte eine kleine Feldstudie und traute mich zu einem Besuch ins Nachbarland. Das Berggasthaus Nova Stoba oberhalb von Gaschurn im Montafon nahm ich ins Visier. Oktober war’s. Warm, noch kein Schnee und keine Menschen. Ein riesiges Gebäude – ehrlich, so etwas Gewaltiges in dieser Art hatte ich noch nie in den Bergen gesehen. 1500 Sitzplätze innen und 1500 Sitzplätte aussen. Da kann es bloss Massenabfertigung geben, oder?
Mit Päckli-Convenience-Küche verschmäht man die Gäste immer mehr. Gut so.
Den Selbstbedienungsteil lass ich links liegen und setze mich ins Restaurant. Sofort werde ich von allen Mitarbeitern, denen ich auf meinem (langen) Weg zu meinem Tisch begegne, freundlich begrüsst. Ein Schwatz übers Wetter und den Tourismus und schon steht meine Bestellung bereit. Ein Salat in einem 35cm-Suppenteller, breiter Rand und tiefe Mulde, etwa so, wie man es von besseren Pizzerien her kennt. Frische Salatblätter, vielfältig dekoriert, frische Kräuter darüber gezupft, hausgemachtes Balsamicodressing. Pfeffermühle natürlich auch dazu. Sitze ich wirklich in einem 3000-plätzigen Bergrestaurant? Danach ein Grillteller. Schwein, Rind, Poulet, Lamm, alles verschieden mariniert und perfekt gegart, zu jedem das passende Sösseli, Kräuterbutter, Grillgemüse (!), ein Zweig im Ofen gebratene Cherrytomaten. Dazu Pommes, nicht hausgemacht, aber der Rest des Tellers hat mich bereits zum Staunen gebracht.
Als Koch zählte ich die Handgriffe, die alleine für das Arrangieren des kunstvoll angerichteten Tellers nötig gewesen sein mussten und schaute wieder ungläubig auf die 2999 Plätze um mich herum. Wie schaffen die das?
Vermutlich waren hier österreichische Köche am Werk, die allesamt mal auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet haben mussten. Dieses Genre ist in gehobenen Kreisen nämlich fest in österreichischer Hand und von dort kenne ich auch die Präzision und Effizienz der Österreicher.
Trotzdem. Ich wollte wissen, wie das in der Ski-Hochsaison funktioniert und kam im Februar nochmals hierher. Sonnig war’s, viel Schnee und viele Menschen. Zur Mittagszeit setzten wir uns ins Getümmel des bedienten Restaurantteils auf die Terrasse. Wieder wurden wir auf dem Weg dorthin von allen Mitarbeitern, denen wir begegneten, wahrgenommen und freundlich begrüsst. Kaum sassen wir, stand eine freundlich lächelnde junge Dame an unserer Seite und nahm gespannt die Bestellung auf, welche per Funk an Küche und Buffet weiter geleitet wurde. 3 Minuten später brachte uns ein junger Herr die Getränke und weitere 10 Minuten später lieferten uns zwei Foodrunner die bestellten Speisen. Ich schaute herum und bemerkte, dass die Terrasse komplett gefüllt war und bei einem Gang aufs WC schaute ich in den inneren Gastraum. Ebenfalls gut gefüllt. Also vielleicht nicht 3000 Gäste, aber den leeren Plätzen nach zu urteilen waren es schon 2500.
Als Koch zählte ich die Handgriffe, die alleine für das Arrangieren des kunstvoll angerichteten Tellers nötig gewesen sein mussten und schaute wieder ungläubig auf die 2999 Plätze um mich herum. Wie schaffen die das?
Und wieder: Alles frisch und geschmackvoll zubereitet und schön arrangiert. Die freundliche Dame, die bereits unsere Bestellung entgegennahm, war die ganze Zeit in dem Terrassenteil präsent und somit sofort da um einen Wunsch zu erfüllen.
Also wie eingangs erwähnt: frisch, freundlich, effizient und geschmackvoll. Genau so muss es sein. So, und sprechen wir nun über den Preis. Der war nämlich nach dem ganzen Erlebnis gar nicht mehr wichtig, wir wären gerne bereit gewesen, für diesen Service mehr zu bezahlen.
Und die Schweizer Berggastronomie? Hier dreht sich alles um den Preis und wird auch damit gerechtfertigt. Willst du Leistung? Dann zahle! In einem Gstaader Bergrestaurant frische Rösti serviert bekommen? Nach vierzig Minuten kommt sie. Frische dauert halt, vorallem, wenn die anderen 98 Gäste auch noch was essen wollen. Dafür blieb nach der kleinen Portion, die als grosse daherkommen sollte, der Hunger. Lächeln der Mitarbeiterin? Erst beim Einkassieren nach Abzählen des Trinkgeldes.
Wann wacht die Schweizer Berggastronomie mal endlich auf? Ein einziger Besuch bei unseren Nachbarn genügt um zu lernen.