Ein Aufschrei ging durchs Land, als die SNB den Euro-Mindestkurs fallen liess. Alles ist hier in der Schweiz zu teuer – vorallem die Lebensmittel. Man merkt es schon, wenn man für einen gefüllten Migros-Sack in Deutschland zum selben Preis drei EDEKA-Taschen voll Ware bekommt. Nur, ist das das Problem? Mehr Ware fürs Geld gab es in Deutschland schon immer, und auch der Einkaufstourismus ist keine neumodische Erscheinung. In den Siebzigern war es bereits gang und gäbe, samstags nach Waldshut zum Einkaufen zu gehen. Es ist falsch, die deutschen Preise mit den schweizerischen zu vergleichen. Betrachten wir lieber die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten und setzen sie in Verbindung mit unserer Kaufkraft. Beispielsweise kostete ein Liter Vollmilch 1985 1.55 Franken, 1988 1.74 Franken (Quelle: Warenkorb der Nation, Bundesamt für Statistik ) Und heute? 1.50 Franken (Coop, Stichtag 30.1.15). Und trotzdem haben Milchverarbeiter diese Woche angekündigt, den Milchbauern noch weniger zu bezahlen. Da fragt man sich, wer bezahlt den Rest? Dass nämlich Betriebs- und Personalkosten in den letzten dreissig Jahren auch nicht gerade unerheblich gestiegen sind, wird niemand anzweifeln. Die Grundkosten für Lebensmittel dürfen aber um Himmels Willen bloss nicht steigen.
Zieht man die Jahresteuerung herbei, müsste ein Liter Vollmilch verglichen mit 1985 heute 2.30 Franken kosten (Indexbasis LIK 1982, Quelle: Teuerungsrechner BfAdmin ). Auf der Einkommensseite dürfte dann aber der 1985 übliche Lohn eine Commis de Cuisine von 2200.00 Franken rein teuerungsangeglichen heute lediglich bei 3139.00 Franken liegen. Der L-GAV schreibt 2014 aber mindestens 4108.00 Franken vor.
Also, bei überdurchschnittlich gestiegenem Lohn ist der Milchpreis praktisch unverändert geblieben. Mit anderen Worten, wir können uns heute mehr Milch leisten, juhui! Warum also die ganze Mühe, um nach Deutschland einkaufen zu können? Werfen wir einen Blick auf Aufteilung der Haushaltausgaben, wird einiges deutlich. Der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel sank von 45% in den Sechzigern (von den Achtzigern habe ich keine Angaben) auf rund 7% 2014. Wofür geben wir denn nun den ganzen Rest aus? Kurz gesagt, einerseits für Kunsumgegenstände und Luxus (Smartphones, Reisen, Kleider), aber hauptsächlich für Versicherungen und Abgaben. Da gibt es nur noch eins: Ab nach Deutschland und Versicherungen kaufen!